„Kinderrechte dürfen keine Frage des Wohnorts bleiben.“
Das Deutsche Kinderhilfswerk hat gestern den Kinderrechte-Index 2025 veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen wieder deutlich auf, dass nicht alle Kinder in Deutschland die gleichen Chancen auf Schutz, Gesundheit, Bildung und Beteiligung haben. Ob ihre Rechte umgesetzt werden bzw. ob sie diese wahrnehmen können, hängt weiter stark vom Wohnort ab – ein Befund, der so alarmierend wie vermeidbar sei, findet die Landesbeauftragte zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Hessen, Miriam Zeleke: „Kinderrechte dürfen keine Frage des Wohnorts sein. Wir müssen in Deutschland endlich erkennen, dass es strukturelle Ungleichheiten gibt und dass diese die Umsetzung der Kinderrechte systematisch schwächen – und wir müssen entschlossen handeln.“
Der Index des Kinderhilfswerks basiert auf 101 Indikatoren in sechs Kinderrechtsbereichen und vergleicht dabei alle Bundesländer. Während einzelne – insbesondere die Stadtstaaten – recht gut abschneiden, wird insgesamt allerdings deutlich, dass kein einziges Bundesland die UN-Kinderrechtskonvention umfassend umsetzt. Während vor allem Bremen, Hamburg und Niedersachsen gut bewertet werden, liegt Hessen im Mittelfeld, wobei der Bericht in einigen Punkten klaren Handlungsbedarf aufzeigt.
„Kinderrechte sind kein nettes Beiwerk - sie sind ein verbindliches Recht! Der Index offenbart, wo Strukturen fehlen, Programme nicht greifen und wo Kinderrechte politisch zu wenig Aufmerksamkeit erfahren. Kinderrechte sind ein Querschnittsthema, das alle Ressorts betrifft – sie können nicht einfach wegorganisiert werden. Und alle Beteiligten müssen erkennen, dass Kinderrechte, wenn sie richtig verstanden und umgesetzt werden, eine Demokratie krisensicher machen können“, betont Zeleke.
Dabei ist Hessen in vielen Bereichen als Pionier bei der Umsetzung der Kinderrechte vorangegangen: Alle vier Prinzipien der Kinderrechtskonvention genießen hier Verfassungsrang (Nicht-Diskriminierung, Vorrang des Kindeswohls, Recht auf Leben/Überleben/Entwicklung und die Achtung der Meinung des Kindes/Beteiligung). Hessen war auch das erste Bundesland, das eine Kinderrechtebeauftragte berufen hat und ist das erste mit einem systematischen wie unabhängigen Monitoring.
„Dass Hessen nun im Kinderrechte-Index dennoch in vielen Bereichen nur im unteren Mittelfeld platziert ist, liegt daran, dass es zwar viele Bemühungen gibt, es aber an einer rechtsverbindlichen Umsetzung mangelt. Das betrifft das Monitoring der Kinderrechte, die Fachstelle zur Jugendbeteiligung sowie den Landesjugendkongress und viele weitere Maßnahmen zur verbindlichen Beteiligung junger Menschen. Ebenso gilt das für das innovative Landesprogramm ‚Präventionsketten gegen Kinderarmut: Gelingendes Aufwachsen- Kinderrechte leben‘, für eine Landesstrategie gegen Kinderarmut sowie für viele Angebote, die die Teilhabe von Kindern mit Behinderung betreffen“, so die Landesbeauftragte weiter. Sie appelliert: „Kinder brauchen verlässliche staatliche Strukturen – und die dürfen nicht von Postleitzahlen, politischen Mehrheiten oder Projektförderungen abhängen! Wir sollten die Defizite, die der Index aufzeigt jetzt gemeinsam angehen und Kinderrechte konsequent umsetzen. Wir verpassen unserer Demokratie damit ein Update und machen sie zukunftsfest!“
Die Ausgangsbedingungen in Hessen seien schließlich gut, insbesondere durch das landesweite Kinderrechte-Monitoring und die Präventionsketten gegen Kinderarmut. Doch man dürfe sich darauf nicht ausruhen. Die Ergebnisse zeigten klar, wo nachgesteuert werden müsse, wo Kinder und Jugendliche mehr Unterstützung, Schutz und Mitsprache benötigten. Zeleke fordert deshalb:
- Bundesweit verbindliche Standards für Kinderschutz, Bildung und Beteiligung.
- Dauerhafte Finanzierung statt befristeter Projekte, um Kontinuität in der Kinderrechte-Infrastruktur zu sichern.
- Systematische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf allen staatlichen Ebenen.
- Besseren Zugang zu Gesundheits- und psychosozialen Diensten, insbesondere in ländlichen Regionen.
- Kinderrechte-Folgenabschätzungen für alle politischen Maßnahmen, wie sie der UN-Kinderrechtsausschuss fordert.
„Kinderrechte sichtbar zu machen, heißt, Verantwortung zu übernehmen. Der Kinderrechte-Index 2025 zeigt deutlich, wo wir stehen – und wo wir hinmüssen. Jetzt sind politischer Wille und entschlossenes Handeln gefragt, damit jedes Kind in Deutschland gleichermaßen geschützt, gefördert und gehört wird“, so Miriam Zeleke.