Dabei verwies sie auf die mehr als 180.000 weiblichen Opfer häuslicher Gewalt, die 2023 in Deutschland verzeichnet wurden sowie auf die zusätzlich 52.000 weiblichen Opfer von Sexualstraftaten. Fast täglich sterbe zudem in Deutschland eine Frau infolge eines Femizids. Angesichts dieser traurigen Fakten bestehe dringender Handlungsbedarf: „Sieben Jahre, nachdem die Istanbul-Konvention in Deutschland in Kraft getreten ist, haben wir heute das Gewalthilfegesetz beschlossen – und damit erstmals eine bundesgesetzliche Regelung zum Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt, die den Betroffenen zugleich einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung zubilligt. Auf diese Weise stellt sich der Staat seiner Fürsorgeverantwortung und zeigt, dass Gewalt gegen Frauen keine Privatsache ist – sie geht uns alle an“, sagte Hofmann am Freitag.
„Wir haben die Frage, ob wir diese historische Chance nutzen wollen, für uns heute mit einem klaren Ja beantwortet – zum Wohle der gewaltbetroffenen Frauen und ihrer Kinder in diesem Land, so die Ministerin weiter. „Wir begrüßen, dass sich der Bund finanziell an den Mehrkosten beteiligt und dass dies auch im Gesetz verankert ist. Jedoch brauchen wir dauerhaft finanzielle Zusagen sowie mehr als eine Anschubfinanzierung – denn nur so können wir im Sinne der von Gewalt betroffenen Frauen und ihrer Kinder dauerhaft ein gutes, flächendeckendes Hilfesystem zur Verfügung stellen“, sagte Hofmann.
Hofmann fordert schnelle Lösung für Lehrkräfte im Zuge des Herrenberg-Urteils
Zudem sprach die hessische Sozialministerin auch zum sogenannten Herrenberg-Urteil. Dabei betonte sie die Notwendigkeit, beim Einsatz von selbständigen Lehrkräften schnell zu einer Lösung zu kommen, die für Handlungs- und Rechtssicherheit sorgt. Auch die Hessische Landesregierung hätten zahlreiche Hilferufe erreicht – etwa von Weiterbildungseinrichtungen, Handwerkskammern oder privaten Hochschulen. „Alle eint die Befürchtung, dass das etablierte Bildungs- und Weiterbildungsangebot nicht mehr haltbar sein wird. Mehrkosten und größerer bürokratischer Aufwand werden als Probleme benannt. Aber es besteht auch die Sorge, dass Lehrkräfte künftig Interesse an der Übernahme einer Lehrtätigkeit verlieren“, so die Ministerin.
Das sei nicht hinnehmbar: „Wir müssen möglichst alle Lehrkräfte im System halten – nicht nur die Hauptamtlichen. Wir wollen, dass das breit gefächerte Bildungsangebot in Deutschland bestehen bleibt“, so die Ministerin. Das Problem dränge, doch die Thematik sei komplex. Deshalb sei richtig, zunächst eine Übergangsregelung zu schaffen – auch als Signal an die Betroffenen. Klar sei aber, dass eine dauerhafte Regelung folgen müsse. „Die überparteiliche Einigkeit bei diesem Thema in Bundestag und Bundesrat zeigt, dass wir grundsätzlich in der Lage sind, demokratische Mehrheiten für aktuelle Herausforderungen und Probleme zu finden. Das ist Grundlage unserer Demokratie“, schloss Hofmann.
Hintergrund: Herrenberg-Urteil
Das Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022 ist eine Reaktion auf die Arbeitsbedingungen für Honorarlehrkräfte an Musikschulen. Damals wurde der Fall eines Musiklehrers verhandelt, der in Herrenberg an einer Musikschule beschäftigt war. Die Deutsche Rentenversicherung stellte nach einer Prüfung fest, dessen Arbeitsbedingungen als Honorarkraft entsprächen den Kriterien einer abhängigen Beschäftigung. Das Bundessozialgericht bestätigte diese Einschätzung und stellte so die Art der Beschäftigung von Honorarlehrkräften an Musikschulen in Frage. Die Mitarbeitenden seien dem Urteil zufolge genaugenommen Scheinselbständige, weshalb Musikschulen sie sozialversicherungspflichtig beschäftigen müssten. Während das für die Lehrkräfte bessere soziale Absicherung bedeutet, bedeutet es für die Musikschulen allerdings höhere Kosten. Um diese zu decken, müssen Gebühren erhöht werden oder Unterrichtsangebote wegfallen, was für die Einrichtungen existenzbedrohend sein kann.