Dafür haben sie unter anderem das Hessische Kindergesundheitsschutzgesetz seit 2008 auf ihrer Seite. Durch dieses Gesetz sind die Kindervorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 in Hessen verpflichtend geworden. Vom Neugeborenen bis zum Alter von fünf Jahren müssen sich Erziehungsberechtigte darum kümmern, dass Kinder innerhalb bestimmter Fristen von einer Kinder- und Jugendärztin bzw. einem Kinder- und Jugendarzt untersucht werden, um gesundheitliche Risiken zu erkennen oder vorzubeugen. Auch unter Pandemiebedingungen waren und sind die Vorsorgeuntersuchungen gewährleistet. Das Hessische Kindervorsorgezentrum (HKVZ) lädt alle Kinder zu den Vorsorgeuntersuchungen persönlich ein. Innerhalb einer bestimmten Frist muss die Untersuchung stattfinden. Kommt sie auch nach einem Erinnerungsschreiben nicht zustande, wird das jeweils zuständige Jugendamt informiert.
Ab 1. April keine Verschiebung mehr
Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes war es in Hessen unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die Untersuchungen U7 bis U9 (21 Monate bis 5 Jahre) und damit auch die Meldung ans Jugendamt um maximal drei Monate zu verschieben. Gründe für einen pandemiebedingten Aufschub waren beispielsweise Hygieneabläufe, die in der Arztpraxis organisiert werden mussten, verzögerte Rückmeldungen an das HKVZ oder individuelle Herausforderungen in der Organisation des Familienlebens. Diese Verlängerung der Meldefrist an das Jugendamt für die Vorsorgen U7 bis U9 endet mit dem 31. März 2021. Ab dem 1. April gelten wieder die regulären Meldefristen.
Hessen vorn im Kindergesundheitsschutz
Mit dieser „Pandemieregelung“ ist Hessen deutlich strenger vorgegangen als andere Länder. Auf der Bundesebene wurde die Regelung für die Vorsorgeuntersuchungen ab U6, also ab einem Alter von zehn bis zwölf Monaten, getroffen. Ab 1. April kehrt Hessen wieder zum alten Verfahren zurück und eine Meldung an das Jugendamt erfolgt bei nicht durchgeführter Vorsorge nach einer Frist von zehn Tagen. „Ich begrüße diese Entscheidung des Hessischen Kindervorsorgebeirats ausdrücklich“, sagt Klose. „Es gab durch die Herausforderungen der Pandemie für Familien Gründe, einen Vorsorgetermin zu verschieben. Wichtig ist uns vor allem, dass die Termine auf jeden Fall wahrgenommen werden“, so Klose.
Eine weitere gute Nachricht ist, dass die Vorgaben des Hessischen Kindergesundheitsschutzgesetzes auch unter Pandemiebedingungen erfüllt und Kindern alleVorsorgeuntersuchungen ermöglicht werden konnten. „Die kinder- und jugendärztlichen Praxen haben sich im Rahmen der Pandemie darauf eingestellt, sowohl zeitlich als auch räumlich die Patientinnen und Patienten voneinander zu trennen. Durch das nahezu vollständige Ausbleiben der ansonsten saisonal üblichen Erkrankungszahlen für die akuten Infektionen ist es landesweit möglich, die Kindervoruntersuchungen auch zeitgerecht durchzuführen“, sagt Dr. med. Ralf Moebus, Vorsitzender des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte.
Verzahnung zwischen Pädiatrie und Öffentlichem Gesundheitsdienst
Damit Kindergesundheitsschutz funktioniert, kommt es auf die Mitarbeit der Eltern an. Ebenso wichtig ist, dass die Aktivitäten der Verantwortlichen im Gesundheitswesen gut verzahnt sind. „Wichtig ist, bei der Einschulungsuntersuchung bei bestehenden schulrelevanten Auffälligkeiten in den einzelnen Entwicklungsbereichen, chronischen Erkrankungen und Behinderungen Personensorgeberechtigte zu beraten und zu lotsen, um allen Kindern gute Voraussetzungen für einen gelingenden Schulstart zu ermöglichen. Die verpflichtenden Früherkennungsuntersuchungen sind mit der Einschulungsuntersuchung wichtige Bausteine im Konzept der Hessischen Landesregierung zur Kindergesundheit und zum Kinderschutz“, sagt Andrea Schroer, Leiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes in Marburg und Vorsitzende der Landesarbeitsgruppe Kinder- und Jugendgesundheitsdienste in Hessen.“
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Kinder- und Jugendärztliche Dienst der Gesundheitsämter fast vollständig in die Fallermittlung und Kontaktpersonennachverfolgung der Gesundheitsämter eingebunden. Dadurch sind leider die verpflichtenden Einschulungsuntersuchungen bereits für das vergangene Schuljahr nicht komplett möglich gewesen, für das kommende Schuljahr 2021 sind sie begonnen worden. „Jetzt, da unsere Maßnahmen greifen und die Infektionszahlen sinken, ist eine der drängendsten Aufgaben des ÖGD, sich wieder den wichtigen Einschulungsuntersuchungen zuzuwenden – für gesundheitliche Chancengleichheit und einen gelingenden Schulstart“, sagt Gesundheitsminister Klose.
Hintergrund:
Seit dem 1. Januar 2008 sind die von den Krankenkassen finanzierten Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 in Hessen gesetzlich verpflichtend. Das Hessische Kindervorsorgezentrum lädt alle Kinder zu den Vorsorgeuntersuchungen persönlich ein. Die Durchführung der Vorsorgen U4 bis U9 wird nach dem Hessischen Kindergesundheitsschutzgesetz dokumentiert. Wird eine Untersuchung innerhalb einer Frist nicht durchgeführt, erhalten die Eltern ein Erinnerungsschreiben. Liegt auch nach dieser Erinnerung und nach Ablauf einer weiteren Frist keine Dokumentation im HKVZ über die durchgeführte Untersuchung vor, wird das jeweils zuständige Jugendamt informiert.
Laut dem Gemeinsamen Bundesausschuss vom 14. Mai 2020, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 29. Mai 2020, in Kraft getreten am 25. März 2020, können Ärztinnen und Ärzten in der Zeit, in der der Deutsche Bundestag gemäß §5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt, sowie drei Monate darüber hinaus, Kinder-Früherkennungsuntersuchung ab der U6 vorübergehend durchführen und abrechnen, auch, wenn die vorgegebenen Untersuchungszeiträume und Toleranzzeiten überschritten sind. Die Regelung gilt für die U6 bis zur U9. Die Zeiträume für die Kinder-Früherkennungsuntersuchungen sind in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (Kinder-Richtlinie) geregelt.