Soziale Indikatoren messen soziale Phänomene oder Prozesse. Sie werden verwendet, um z. B. politische Entscheidungsträger über den Stand und die Entwicklung spezifischer Aspekte und die Auswirkungen bestimmter Maßnahmen zu informieren. Anders als in den Sozialberichten ermöglichen sie eine dauerhafte Analyse der sozialen Situation und des sozialen Wandels. Dadurch wird es möglich, einzelne Bundesländer über Jahre hinweg miteinander zu vergleichen und Stärken und Schwächen gegenüber anderen Gebietseinheiten herauszuarbeiten. Die einzelnen Indikatoren werden auf unterschiedlicher Ebene von verschiedenen Institutionen berechnet, so z. B. durch die OECD, Eurostat, das Statistische Bundesamt, die Statistischen Ämter der Länder und die Bundesagentur für Arbeit. In Deutschland bilden die auf dieser Basis gewonnenen Ergebnisse den Kern der Sozial- sowie Armuts- und Reichtumsberichterstattung von Bund und Ländern.
Eine Zusammenstellung der wichtigsten Sozialindikatoren finden Sie hier:
Indikatoreninfos
Die Armutsgefährdungsschwelle wird bei 60% des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) in der betrachteten Region angesetzt; d.h. zur Berechnung dieser Schwelle wird zunächst als Median jenes Einkommen ermittelt, das von 50% der betrachteten Haushaltsmitglieder nicht überschritten und von 50% nicht unterschritten wird, und dann davon 40% abgezogen. Wer diese Schwelle unterschreitet, gilt als armutsgefährdet (relative Armut). Die ermittelte Armutsgefährdungsschwelle wird in Euro angegeben und im Folgenden für einen Einpersonenhaushalt betrachtet. Das Äquivalenzeinkommen ist ein auf der Basis des Haushaltsnettoeinkommens berechnetes bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied.
Betrachtet man das gesamte Bundesgebiet, orientiert sich die Armutsgefährdungsschwelle am Bundesmedian. Der Schwellenwert lag im Jahr 2019 bei 1074 Euro. Demnach galt jener Teil der Bevölkerung Deutschlands als armutsgefährdet, der ein Einkommen von weniger als 1074 Euro aufwies. Im Jahr 2005 betrug die Armutsgefährdungsschwelle noch 736 Euro. Bei der Differenz beider Schwellenwerte ist zu berücksichtigen, dass Einkommens- und Gehaltssteigerungen zu einer Erhöhung der Armutsgefährdungsschwelle führen.
In Hessen lag die am Landesmedian ermittelte Armutsgefährdungsschwelle im Jahr 2005 bei 781 Euro und im Jahr 2019 bei 1095 Euro. Letzterer Schwellenwert war somit um 21 Euro höher angesetzt als derjenige für Gesamtdeutschland im selben Jahr (1074 Euro). Der bundesdeutsche Schwellenwert war im Vergleich zum Wert im früheren Bundesgebiet (Schwellenwert 2019: 1100 Euro) niedriger. Grund dafür sind die in den neuen Bundesländern (Schwellenwert 2019: 986 Euro) durchschnittlich niedrigeren Haushaltseinkommen.
Üblicherweise wird zur Sozialberichterstattung die Armutsgefährdungsquote als Ergebnis der amtlichen Mikrozensuserhebungen herangezogen. Dieser Indikator zur Messung relativer Einkommensarmut ist definiert als der Anteil der Personen, deren Äquivalenzeinkommen weniger als 60% des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) beträgt und damit unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegt. Nachfolgend werden am Bundesmedian gemessene Armutsgefährdungsquoten betrachtet. Den Armutsgefährdungsquoten für Hessen und Deutschland liegt somit eine einheitliche Armutsgefährdungsschwelle zugrunde. Allerdings werden bei dieser Betrachtung Unterschiede im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern nicht beachtet.
Im Jahr 2019 betrug die Armutsgefährdungsquote in Hessen 16,1%; d.h. 16,1 % der hessischen Bevölkerung hatten ein Einkommen, das niedriger war als die für Deutschland im selben Jahr ermittelte Armutsgefährdungsschwelle von 1074 Euro. Damit lag Hessen hinter Bayern (11,9%), Baden-Württemberg (12,3%), Schleswig-Holstein (14,5 %) Hamburg (15,0 %), Brandenburg (15,2%) und Rheinland-Pfalz (15,6 %) auf Platz 7 der Länderrangliste. Hessens Quote war im Vergleich zum Durchschnitt sowohl des früheren Bundesgebiets (15,4%) wie auch Gesamtdeutschlands (15,9%) höher. Die Armutsgefährdungsquote für die neuen Bundesländer einschl. Berlin lag bei 17,9 % und damit oberhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts wie auch der Quote Hessens.
Die jüngst für Hessen festgestellte Armutsgefährdungsquote (2019: 16,1 %) fiel um 3,4 Prozentpunkte höher aus als diejenige für 2005 (12,7%). Im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) war der Anstieg (um 2,2 Prozentpunkte) nicht so stark wie in Hessen. Hingegen ging die Quote in Ostdeutschland (einschl. Berlin) von einem hohen Niveau ausgehend (2005: 20,4%) um 2,5 Prozentpunkte auf 17,9% zurück.
Betrachtet man die Armutsgefährdungsquoten 2019 der hessischen Bevölkerung nach verschiedenen soziodemografischen Merkmalen, so ergibt sich nachfolgendes Bild (gemessen am Bundesmedian): Frauen in Hessen (16,8%) waren etwas stärker armutsgefährdet als Männer (15,4%). Nach Altersgruppen unterschieden, fiel die Armutsgefährdungsquote bei den 50- bis unter 65-jährigen Personen (11,3%) am niedrigsten und bei den 18- bis unter 25-jährigen Personen (25,9%) am höchsten aus. Deutlich über dem Durchschnitt lag die Armutsgefährdung in Haushalten mit einer alleinerziehenden Person zusammen mit einem oder mehreren Kindern (43,0%). Personen in Haushalten mit 2 erwachsenen Personen ohne Kinder waren hingegen vergleichsweise wenig gefährdet (8,6%). Besonders armutsgefährdet sind Erwerbslose. Unter diesen betrug die Armutsgefährdungsquote in Hessen 51,7%. Ein hohes Armutsrisiko haben auch Personen in Haushalten, in denen der Haupteinkommensbezieher ein niedriges Qualifikationsniveau aufweist und damit nicht über einen beruflichen Abschluss und höchstens über einen Realschulabschluss verfügt. Unter diesen Personen lag die Armutsgefährdungsquote in Hessen bei 41,1%.
Ein häufig verwendetes Verteilungsmaß ist der Gini-Koeffizient. Dieser misst im Hinblick auf das Einkommen der Haushalte in einer betrachteten Region die relative Konzentration beziehungsweise Ungleichheit und kann einen Wert zwischen Null und Eins annehmen. Im Falle der Gleichverteilung von Einkommen ergibt sich für den Gini-Koeffizienten ein Wert von Null und im Falle der Konzentration des gesamten Einkommens auf nur eine Person ein Wert von Eins. Je höher also der Gini-Koeffizient ausfällt, desto größer ist die Ungleichverteilung. Im Allgemeinen werden Länder mit einem Gini-Koeffizienten zwischen 0,50 und 0,70 als sehr einkommensungleich und diejenigen mit einem Wert zwischen 0,20 und 0,35 als relativ einkommensgleich bezeichnet. Der Gini-Koeffizient macht keine Aussage zur absoluten Höhe der Einkommen. Ein Land mit einer relativen Einkommensgleichheit kann also auch eine arme Bevölkerung aufweisen (Vgl. Willies, Katie (2005): Theories and Practices of Development).
In den Jahren 2005 bis 2011 sowie im Jahr 2014 betrug der Gini-Koeffizient in Hessen 0,30. 2012 bis 2019 (außer 2014) wies er einen Wert von 0,31 auf. Damit war er im betrachteten Zeitraum geringfügig um 0,01 gestiegen. Der Koeffizient lag damit etwas höher als im gesamten Bundesgebiet, wo er im gesamten betrachteten Zeitraum konstant bei 0,29 verharrte. Noch geringer war der Gini-Koeffizient in den neuen Bundesländern (einschl. Berlin) mit einem Wert von 0,27 in den Jahren 2010 bis 2019.
Das Pendant zur Armutsgefährdungsquote bildet die Einkommensreichtumsquote. Sie ist definiert als Anteil der Personen, deren Äquivalenzeinkommen mehr als 200% des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung (in Privathaushalten) beträgt.
Für eine — wie nachfolgend betrachtet — am Bundesmedian ausgerichtete Einkommensreichtumsquote stellt die Einkommensreichtumsschwelle des Bundes die Grundlage der Berechnungen. Diese wird — wie bei der Armutsgefährdungsquote bzw. -schwelle — anhand des mittleren Einkommens (Median) im gesamten Bundesgebiet errechnet. Den Einkommensreichtumsquoten für Bund und Länder liegt somit eine einheitliche Einkommensschwelle zugrunde. Allerdings werden bei dieser Betrachtung Unterschiede im Einkommensniveau zwischen den Bundesländern nicht beachtet.
In Deutschland lag die Einkommensreichtumsquote im Zeitraum 2005 bis 2009 bei 7,7 bzw. 7,8%. Zwischen 2010 und 2012 lag sie auf einem geringfügig höheren Niveau von 8,1% und zwischen 2013 und 2016 bei 8,2%. Die Einkommensreichtumsquote lag in den Jahren 2017 und 2018 wieder bei 8,1% und sank im Jahr 2019 weiter auf 7,9 %. Damit war sie im gesamten betrachteten Zeitraum rund 2 bis 3 Prozentpunkte niedriger als in Hessen, wo die Einkommensreichtumsquote stärker schwankte: Nicht kontinuierlich stieg sie von 10,2 bzw. 10,1% in den Jahren 2005 und 2008 auf 11,0 bzw. 10,9% in den Jahren 2012 und 2013, bevor sie auf 10,3% in den Jahren 2018 und 2019 sank. Deutlich niedriger als in Deutschland und v.a. Hessen war die Einkommensreichtumsquote in den neuen Bundesländern (einschl. Berlin), wo sie von 3,8% in den Jahren 2007 und 2008 auf 5,0% in den Jahren 2018 und 2019 zunahm.
Die einkommensarmen bzw. armutsgefährdeten Personen lassen sich nach soziodemografischen Merkmalen untergliedern. Da die Untergliederungsergebnisse bis auf eine Ausnahme (siehe unten) für Hessen und Deutschland sehr ähnlich sind, werden die Ergebnisse für Gesamtdeutschland im Folgenden in Klammern dargestellt:
Im Hinblick auf die Untergliederung nach Altersgruppen ist festzuhalten, dass 2019 in Hessen 35,5% der auf Basis des Bundesmedians ermittelten, armutsgefährdeten Personen unter 25 Jahre alt waren (Deutschland: 33,3%), während 19,7% über 64 Jahre alt waren (Deutschland: 20,7%). Beim Untergliederungsmerkmal „Haushaltstyp“ ist festzustellen, dass rund ein Drittel der einkommensarmen Bevölkerung (Hessen: 32,3%; Deutschland: 35,2%) in Einpersonenhaushalten wohnte, während 14,2% (Deutschland: 15,4%) in Haushalten mit zwei Erwachsenen ohne Kinder und 26,3% (Deutschland: 23,0%) in Haushalten mit zwei Erwachsenen sowie einem oder mehreren Kindern lebten.
Abweichende Ergebnisse zwischen Hessen und Deutschland gibt es im Hinblick auf das Merkmal „Staatsangehörigkeit“: in Hessen besaß ein Drittel (33,4%) der armutsgefährdeten Personen keine deutsche Staatsangehörigkeit, und in Deutschland war es rund ein Viertel (27,5%). Ähnlich verhält es sich beim Merkmal „Migrationsstatus“, wonach in Hessen 57,9% der armutsgefährdeten Personen einen Migrationshintergrund hatten und in Deutschland 45,6%. Zu beachten ist, dass in Hessen der Anteil der Personen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit (31.12.2019: 16,6%) bzw. mit Migrationshintergrund (2019: 34,4%) an der Gesamtbevölkerung größer ist als in Deutschland (12,5 bzw. 26,0%; Quelle: Statistisches Bundesamt).
Mindestsicherungsleistungen werden zur Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts an leistungsberechtigte Personen ausgezahlt. Dazu zählen: Arbeitslosengeld II / Sozialgeld nach dem SGBII (Grundsicherung für Arbeitsuchende), Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen (SGB XII), Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGBXII) sowie Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Solche Transferleistungen empfingen im Jahr 2019 rund 516 200 Personen in Hessen. Dies entsprach einer Mindestsicherungsquote bzw. einem Anteil an der Gesamtbevölkerung Hessens von 8,2%. Deutschland wies zuletzt einen vergleichbaren Anteil (8,3 %) aus. 2006 lag dieser noch bei 9,8%.
Die hessischen Empfängerinnen und Empfänger (516 200) teilten sich auf die verschiedenen Arten von Mindestsicherungsleistungen wie folgt auf: Der Großteil, nämlich 384 600 Personen bzw. 74,5%, erhielt Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGBII, 94 100 (18,2%) Personen erhielten die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGBXII „Sozialhilfe“, 26 900 (5,2%) Personen bekamen Asylbewerberleistungen und rund 10 700 (2,1%) empfingen Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach dem SGBXII „Sozialhilfe“.
EU-weit spielen statistische Angaben zu „frühen Schulabgängern“ eine zentrale Rolle. Dieser Begriff lehnt sich an eine internationale Bezeichnung an und umfasst alle 18- bis unter 25-Jährigen ohne beruflichen Abschluss und ohne (Fach-)Hochschulreife, die sich weder in schulischer oder beruflicher Ausbildung befinden noch an einer Weiterbildung teilnehmen. Es handelt sich also um 18- bis unter 25-jährige Personen, die sich zum Befragungszeitpunkt nicht in Ausbildung befanden und maximal die Sekundarstufe I abgeschlossen haben, also maximal über einen Haupt- oder Realschulabschluss verfügten bzw. maximal die 10. Klasse des Gymnasiums oder ein Berufsvorbereitungsjahr abgeschlossen haben. Für den Indikator „Frühe Schulabgänger“ werden diese Personen zur Bevölkerung gleichen Alters in Bezug gesetzt.
Im Jahr 2019 betrug der Anteil der frühen Schulabgänger an der Bevölkerung gleichen Alters in Hessen 10,3%. Damit war er zwar leicht höher als die zwischenzeitlichen Minimalanteilwerte 9,1% im Jahr 2012 und 9,5% im Jahr 2015, aber deutlich niedriger als 2005 (13,3%) oder 2006 (14,7%). Eine ähnliche Entwicklung auf annähernd gleichem Niveau zeigte der entsprechende Anteilwert für Gesamtdeutschland, wo er von 13,8 bzw. 14,1% in den Jahren 2005 und 2006 auf 9,5% im Jahr 2014 sank, bevor er auf 10,3% in den Jahren 2018 und 2019 anstieg.
Wie in den meisten Vorjahren war die Quote der frühen Schulabgänger auch 2019 sowohl in Hessen als auch in Deutschland bei den Männern (jeweils 11,8%) etwas höher als bei den Frauen (jeweils 8,7 %); d.h. Männer im Alter von 18 bis unter 25 Jahren waren etwas häufiger von niedriger Bildung bzw. von fehlender Bildungsteilnahme betroffen als Frauen der gleichen Altersgruppe.
Schulische und berufliche Bildung stellen Schlüsselqualifikationen für den Zugang zum Arbeitsmarkt dar. Personen mit einfacher Bildung sind in Deutschland stärker von Erwerbslosigkeit betroffen. Wie weit ist nun ein niedriger Bildungsstand in der hessischen und deutschen Bevölkerung verbreitet? Der entsprechende Indikator „Personen mit niedrigem Bildungsstand“ stellt auf die Personen im erwerbstypischen Alter von 25 bis unter 65 Jahre ab, die maximal die Sekundarstufe I abgeschlossen haben, d. h. maximal über einen Haupt- oder Realschulabschluss verfügen bzw. maximal die 10. Klasse des Gymnasiums oder ein Berufsvorbereitungsjahr abgeschlossen haben. Er setzt also die 25- bis unter 65-Jährigen ohne beruflichen Abschluss und ohne (Fach-)Hochschulreife in Bezug zur gleichaltrigen Bevölkerung. Ob die betrachteten Personen zum Zeitpunkt der Datenerhebung erwerbstätig sind oder nicht, spielt bei diesem Indikator keine Rolle.
In Hessen sank der Anteil der Personen mit niedrigem Bildungsstand im typischen Erwerbsalter an der gleichaltrigen Bevölkerung kontinuierlich von 18,1% im Jahr 2005 auf 13,6% im Jahr 2012, bevor er wieder stetig auf 15,2% in den Jahren 2018 und 2019 stieg. Nur im Jahr 2012 lag er knapp unterhalb des entsprechenden Anteilwerts für Deutschland (13,7%). Ansonsten war für Gesamtdeutschland auf leicht niedrigerem Niveau eine ähnliche Entwicklung wie für Hessen zu verzeichnen; so fiel der Anteilwert in Deutschland von 16,9% im Jahr 2005 auf 13,1% im Jahr 2014, bevor er wieder leicht auf 13,5% in den Jahren 2016 und 2017 anstieg. In den Jahren 2018 und 2019 ging der Anteilwert auf 13,3 % zurück. Es ist festzustellen, dass diese Quote im früheren Bundesgebiet (ohne Berlin) den gesamten Betrachtungszeitraum hindurch rund doppelt so hoch war wie in Ostdeutschland (einschl. Berlin); 2019 betrug sie im früheren Bundesgebiet 14,6% und in Ostdeutschland 7,8%. Der niedrige Anteil in Ostdeutschland kann u.a. als Folge der Bestrebungen der ehemaligen DDR gesehen werden, die Gruppe der Ungelernten kontinuierlich abzubauen, und als Folge des geringeren Anteils an Personen mit Migrationshintergrund, welche deutlich häufiger einen niedrigen Bildungsstand aufweisen als Personen ohne Migrationshintergrund. Des Weiteren lässt sich festhalten, dass Frauen im gesamten Betrachtungszeitraum häufiger einen niedrigen Bildungsstand aufwiesen als Männer, wobei der Abstand zwischen beiden Geschlechtern von 2005 bis 2019 in Hessen von 8,4 auf 1,5 Prozentpunkte und in Deutschland von 6,9 auf 1,9 Prozentpunkte zurückging. Zuletzt betrug der Anteilwert bei den Frauen 15,9% in Hessen und 14,2% in Deutschland sowie bei den Männern 14,4% in Hessen und 12,3% in Deutschland.
Haushalte, in denen kein Mitglied einer Erwerbstätigkeit nachgeht, sind nicht unbedingt auch einkommensarm, jedoch oft von Armut gefährdet. Wie stark sind nun von Erwerbslosigkeit betroffene Haushalte verbreitet? Der Indikator „Personen in Haushalten ohne Erwerbstätige“ setzt die in Haushalten ohne Erwerbstätige lebenden Personen einer bestimmten Altersgruppe in Bezug zur gleichaltrigen Bevölkerung.
Bei den 18- bis unter 60-jährigen Personen lag der Anteil der in Haushalten ohne Erwerbstätige lebenden Personen in Hessen 2005 bei 9,3%. Danach ging er bis 2011 auf 6,8% zurück, bevor er bis 2016 um rund einen Prozentpunkt auf 7,6% anstieg. 2019 sank er wieder auf 6,9%. Für Deutschland war dieser Anteilwert bis zum Jahr 2017 höher, wenn auch mit abnehmendem Abstand zu Hessen; 2018 und 2019 erreichten Hessen und Deutschland einen identischen (7,5%) bzw. nahezu identischen Anteilwert (rund 7,0%). Im Bundesgebiet sank der Anteil der in Haushalten ohne Erwerbstätige lebenden Personen von 11,0% im Jahr 2005 um 4,0 Prozentpunkte auf 7,0% im Jahr 2019. In Ostdeutschland (einschl. Berlin) lagen die entsprechenden Anteilwerte (2019: 8,8%) durchgehend über denjenigen von Westdeutschland (2019: 6,6%). Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern fielen vergleichsweise gering aus; so betrug der Anteilwert 2019 bei den Frauen in Hessen 7,0% und in Deutschland 6,9% und bei den Männern in Hessen 6,8% und in Deutschland 7,1%.
Entsprechende Angaben liegen auch zu den unter 18-jährigen Personen in Haushalten ohne Erwerbstätige vor. Diese unterschieden sich sowohl in Hessen als auch in Deutschland bis 2012 um maximal 0,5 Prozentpunkte von den entsprechenden Angaben der 18- bis unter 60-jährigen Personen. Von 2013 bis 2015 betrugen die Differenzen zwischen 0,4 und 0,9 Prozentpunkte und von 2016 bis 2019 zwischen 1,0 und 1,6 Prozentpunkte. 2019 lag der Anteil der in Haushalten ohne Erwerbstätige lebenden Personen bei den unter 18-Jährigen in Hessen (8,5%; Deutschland: 8,4%) um 1,6 Prozentpunkte (Deutschland: 1,4 Prozentpunkte) über demjenigen der 18- bis unter 60-Jährigen (Hessen: 6,9%; Deutschland: 7,0%).
Zum Thema „Beschäftigungslosigkeit“ gibt es neben der in deutschen Medien häufig dargestellten Arbeitslosenquote der Bundesagentur für Arbeit auch die Erwerbslosenquote auf Basis der Ergebnisse der EU-Arbeitskräfteerhebung, die im Rahmen des Mikrozensus erfolgt. Als erwerbslos gilt, wer zum Befragungszeitpunkt nicht erwerbstätig und auch nicht geringfügig beschäftigt war, sofort für eine Beschäftigung verfügbar und in den vier Wochen vor der Befragung aktiv auf Arbeitsuche war. Beim hier betrachteten Indikator „Erwerbslosenquote“ werden die Erwerbslosen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren ins Verhältnis gesetzt zu den Erwerbspersonen der gleichen Altersgruppe. Erwerbspersonen setzen sich zusammen aus den Erwerbstätigen und den Erwerbslosen.
Die Erwerbslosenquote sank in Hessen kontinuierlich (mit Ausnahme von 2014) von 8,6% im Jahr 2005 auf 3,1% im Jahr 2019. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ab Ende 2008 konnte diese Entwicklung nicht stoppen; in Deutschland jedoch bremste sie kurzzeitig, nämlich 2009, den ansonsten auch in Deutschland zu beobachtenden Rückgang der Erwerbslosenquote von 11,3% im Jahr 2005 auf 3,2% im Jahr 2019. In Ostdeutschland (einschl. Berlin) war der Rückgang — ausgehend von einem hohen Niveau — vergleichsweise stark. Die Erwerbslosenquote Deutschlands lag im betrachteten Zeitraum durchgehend über derjenigen von Hessen, wobei die Differenz zwischen beiden von 2,7 Prozentpunkten im Jahr 2005 auf nur noch 0,1 Prozentpunkte im Jahr 2019 zurückging. Zwischen beiden Geschlechtern waren sowohl in Hessen als auch in Deutschland nur geringe Unterschiede auszumachen: Im Jahr 2019 lag der Abstand bei 0,6 Prozentpunkten in Hessen (Frauen: 2,8 %; Männer: 3,4 %) bzw. 0,8 Prozentpunkten in Deutschland (Frauen: 2,8 %; Männer: 3,6 %).
Die Gruppe der Langzeiterwerbslosen ist arbeitsmarkt- und sozialpolitisch von besonderem Interesse. Allgemein sinkt mit steigender Dauer der Erwerbslosigkeit die Chance auf Integration in den Arbeitsmarkt. Zudem sind zur Bekämpfung der Langzeiterwerbslosigkeit besondere Anstrengungen und spezifische Maßnahmen hinsichtlich Qualifizierung und Vermittlung der betroffenen Personen erforderlich. Schließlich sind von Langzeiterwerbslosigkeit Betroffene häufig einem erhöhten Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt.
Als langzeiterwerbslos gilt, wer länger als 12 Monate erwerbslos ist. Für den hier betrachteten Indikator „Langzeiterwerbslosenquote“ werden die Langzeiterwerbslosen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren in Bezug gesetzt zu den Erwerbspersonen der gleichen Altersgruppe. Erwerbspersonen setzen sich zusammen aus den Erwerbstätigen und den Erwerbslosen.
Ähnlich wie bei der Erwerbslosenquote nahm die Langzeiterwerbslosenquote sowohl in Hessen also auch in Deutschland ab 2006 deutlich ab. Der Großteil des Rückgangs entfiel in Hessen auf den Zeitraum bis 2011 und in Deutschland auf den Zeitraum bis 2012. So fiel die Langzeiterwerbslosenquote in Hessen innerhalb eines halben Jahrzehnts von 4,4% (2006) um 2,5 Prozentpunkte auf 1,9% (2011 und 2012) zurück und in Deutschland von 5,8% (2006) um 3,3 Prozentpunkte auf 2,5% (2012). In beiden Gebieten ging sie danach weiter zurück, jedoch langsamer und geringfügiger, und zwar in Hessen auf 1,1% im Jahr 2018 und 2019, und in Deutschland auf 1,2% im Jahr 2019. In Ostdeutschland (einschl. Berlin) ist die Langzeiterwerbslosigkeit stärker verbreitet als in Westdeutschland, wobei sich der Abstand im Zeitablauf deutlich verringerte.
Anhand der Erwerbsquote lässt sich ermitteln, inwieweit die Bevölkerung für den Arbeitsmarkt zur Verfügung steht. Für den Indikator wird die Zahl der Erwerbspersonen im erwerbstypischen Alter von 15 bis unter 65 Jahren ins Verhältnis gesetzt zur Bevölkerung der gleichen Altersgruppe. Die Erwerbspersonen setzen sich aus den Erwerbstätigen und Erwerbslosen zusammen.
Bundesweit stieg die Erwerbsquote von 73,8% im Jahr 2005 um 5,4 Prozentpunkte auf 79,2% im Jahr 2019. Die entsprechende Quote lag in Hessen den betrachteten Zeitraum hindurch um 0,4 bis 1,2 Prozentpunkte unter derjenigen Deutschlands. Ähnlich wie in Gesamtdeutschland und den meisten Bundesländern nahm sie in Hessen zu, und zwar von 73,2% im Jahr 2005 um 5,3 Prozentpunkte auf 78,5% im Jahr 2019. Damit konnten zuletzt nahezu 4 von 5 Personen im erwerbstypischen Alter erwerbstätig sein.
In Deutschland war die Erwerbsquote unter den Männern im Jahr 2019 mit 83,5% um 8,6 Prozentpunkte höher als bei den Frauen (74,9%). In Hessen war sie bei den Männern mit 83,4% 9,9 Prozentpunkte höher als bei den Frauen (73,5%). Im Jahr 2005 betrug die Differenz der Erwerbsquoten von Männern und Frauen in Hessen noch 15,3 Prozentpunkte und in Deutschland 13,7 Prozentpunkte. Im Zeitablauf war der Zuwachs an Erwerbspersonen bei den Frauen — ausgehend von einem niedrigeren Niveau — stärker als bei den Männern.
I.d.R. ist ein Großteil der für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Personen auch erwerbstätig. Als erwerbstätig gilt, wer eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausübt, unabhängig von der geleisteten Arbeitszeit und der Bedeutung dieser Tätigkeit für den Lebensunterhalt. Demnach gehören auch „marginal Beschäftigte“ wie z.B. insbesondere ausschließlich geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigte in Arbeitsgelegenheiten („Ein-Euro-Jobber“) zu den Erwerbstätigen. Die hier betrachtete Erwerbstätigenquote setzt die Erwerbstätigen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren in Bezug zur gleichaltrigen Bevölkerung.
In Deutschland legte die Erwerbstätigenquote ununterbrochen von 65,5% im Jahr 2005 um 11,2 Prozentpunkte auf 76,7% im Jahr 2019 zu. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ab Ende 2008 bremste diesen Anstieg etwas. Eine ähnliche Entwicklung war auch in Hessen zu beobachten. Dort nahm die Quote von 66,9% im Jahr 2005 um 9,1 Prozentpunkte auf 76,0% zu. Allerdings gab es einen zwischenzeitlichen Rückgang von 73,7% im Jahr 2013 auf 73,0% im Jahr 2014, der 2015 (73,6%) noch nicht ganz ausgeglichen werden konnte. Seit 2014 liegt die Erwerbstätigenquote Hessens unter derjenigen von Deutschland. Zuvor wies Hessen im Vergleich zu Gesamtdeutschland höhere Quoten auf.
Die Erwerbstätigenquote nahm bei den Frauen deutlich stärker zu als bei den Männern. So legte in Hessen die Quote bei den Frauen von 60,0% im Jahr 2005 um 11,4 Prozentpunkte auf 71,4% im Jahr 2019 zu und bei den Männern im gleichen Zeitraum von 73,8% um 6,7 Prozentpunkte auf 80,5%. Zeitgleich stieg sie in Deutschland bei den Frauen um 13,2 Prozentpunkte auf 72,8% und bei den Männern um 9,2 Prozentpunkte auf 80,5%. Nach wie vor war die Erwerbstätigenquote der Männer höher als diejenige der Frauen, aber der Abstand der Erwerbstätigenquoten zwischen beiden Geschlechtern verringerte sich in Hessen von 13,8 Prozentpunkten im Jahr 2005 auf 9,1 Prozentpunkte im Jahr 2019 und in Deutschland im gleichen Zeitraum von 11,7 auf 7,7 Prozentpunkte.
Methodische Hinweise
Die Hessischen Landessozialberichte sind bezüglich Methodik, Datenerhebung und Datenauswertung so gestaltet, dass grundsätzlich eine Vergleichbarkeit mit den Sozialberichten aus anderen Bundesländern und des Bundes gegeben ist. Insbesondere werden deshalb die Sozialstatistiken, die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, die Steuerstatistiken, die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die Mikrozensusdaten sowie Daten der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung verwendet. Des Weiteren wurden auch Datengrundlagen außerhalb der amtlichen Statistik einbezogen (z. B. Kommunale Sozialberichte, Analysen von Kammern und Verbänden, Berichte der Hessischen Landesregierung usw.).
Im 2. Hessischen Landessozialbericht wurde zudem ergänzend ein über den Ressourcenansatz (monetäre Einkommen und Vermögen) hinausgehender multidimensionaler Lebenslagenansatz bzw. ansatzweise noch weitergehend, aber mit Abstrichen vor allem aufgrund der Datenlage, ein Teilhabe-/Capability-Konzept zugrunde gelegt.
Definitorische Hinweise
Die Definition von „Armut“ ist normativ, d. h. unterliegt einer Wertentscheidung. „Armut“ ist kein Tatbestand, der sich objektiv feststellen ließe. Je nachdem, welche Wertüberzeugungen und Messverfahren bzw. welche Datengrundlage man zugrunde legt, kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen. Allgemein wird mit Armut die wirtschaftliche Lage einer Person bezeichnet, der nicht jene notwendigen Ressourcen eines als Minimum definierten Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund haben sich unterschiedliche Definitionen von Armut und Armutskonzepten ausgebildet:
Absolute Armutdefiniert sich durch das Unterschreiten der zur Erhaltung der physischen Existenz (z. B. Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit) notwendigen Güter und Dienstleistungen. „Absolut arm“ ist demnach jemand, der nicht über die Dinge verfügt, die zum Überleben notwendig sind. So sind z. B. Hunger, Obdachlosigkeit und fehlende gesundheitliche Versorgung Merkmale absoluter Armut (z. B. Obdachlose, Suchtkranke, Straßenkinder etc.).
Relative Armut: In der aktuellen Sozialberichterstattung ist der Maßstab in hochentwickelten Gesellschaften nicht das physische Existenzminimum, sondern die „relative“ Armut. Armut definiert sich dabei durch den Bezug zu einer Referenzgruppe, d. h. Armut wird relativ gemessen am Reichtum einer Gesellschaft. „Relative Armut“ vergleicht den individuellen Lebensstandard mit dem durchschnittlichen Lebensstandard einer Gesellschaft.
Hinweis: Bei der Interpretation von Ergebnissen auf Basis relativer Armutskonzepte ist darauf zu achten, dass diese nur „Ungleichheit“ und nicht „Armut“ messen können. Zur Illustration: Würde man alle individuellen Einkommen in einer Gesellschaft halbieren oder verdoppeln, würde sich die Situation der Einkommensschwächsten wesentlich verschlechtern bzw. verbessern; der Anteil der relativ „Armen“ bliebe aber in beiden Fällen derselbe, weil sich in der Relation nichts verändert.
Operationalisierung von Armut: Bei der (relativen) Armutsmessung wird zwischen dem Ressourcen- und dem Lebenslagen-Konzept unterschieden:
Beim Ressourcen-Konzept „relativer Armut“ wird der „Lebensstandard“ als „Nettoeinkommen“ operationalisiert. Als Bezugspunkt wird der Median (mittlerer Wert einer nach der Größe geordneten Reihe) gewählt, um die Wirkung von Extremwerten abzumildern. Um die Einkommen von Haushalten unterschiedlicher Größe vergleichen zu können, gewichtet man nach einer Äquivalenzskala[1].
Relative Einkommensarmut wird gemessen durch:
Relative Einkommensarmut: Als arm gelten i.d.R. Personen in Haushalten mit weniger als 60 % des bedarfsgewichteten durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens (meist Median)
Sozialhilfebedürftigkeit (HLU): Als arm gelten i.d.R. Personen, die Anspruch auf den Bezug von laufendender Hilfe zum Lebensunterhalt haben
Hinweis: Der Zweite Hessische Landessozialbericht folgt diesen anerkannten Definitionen von Armutsgrenzen, die sowohl in Deutschland als auch der EU als verbindliche Indikatoren zur Armutsmessung gelten.
Lebenslagen-Ansatz: Erweitert wird das relative Ressourcen-Konzept durch das so genannte Lebenslagen-Konzept, das dem mehrdimensionalen Charakter von Armut und Reichtum sozialstatistisch gerecht werden soll. In den einzelnen Lebenslagen werden neben der materiellen Dimension gezielt auch andere Aspekte berücksichtigt. Im Unterschied zum Ressourcen-Ansatz versucht der Lebenslagen-Ansatz eine ausschließlich an monetären Größen ausgerichtete Definition von Armut zu überwinden und dem eine mehrdimensionale Messung und ein ganzheitliches Konzept der Armut (gesellsch. Verwirklichungschancen) entgegenzusetzen. Ein Mangel an gesellschaftlich bedingten Chancen lässt sich als Ausgrenzung, ein sehr hohes Maß an gesellschaftlich bedingten Chancen dagegen als Privilegierung interpretieren.
Wichtige Datenquellen
Der Mikrozensus ist die größte jährlich durchgeführte Repräsentativerhebung der amtlichen Statistik in Deutschland. In den Mikrozensus ist seit 1968 die EU-Arbeitskräftestichprobe (Labour Force Survey) integriert. Hauptgegenstand sind die Themen Bevölkerung und Arbeitsmarkt, ebenso Bildung und Wohnen. Hinzu kommen wechselnde kleinere Module zu speziellen Themen. Der Stichprobenumfang beträgt 1 % der Bevölkerung. In Deutschland werden rund 380.000 Haushalte mit ca. 820.000 Personen befragt. Für die wesentlichen Fragen, so auch über das Nettoeinkommen des Haushalts, besteht Auskunftspflicht. Die Bedeutung von (tief) regionalisierten Analysen, beispielsweise im Hinblick auf die Lebenschancen unterschiedlicher sozialer Gruppen, macht den Datensatz besonders wertvoll. So erlaubt die hohe Fallzahl differenzierte Analysen, auch für kleine Teilpopulationen (in Hessen können regionale Einheiten mit ca. 600.000 Einwohnern gesondert untersucht werden).
Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ist eine amtliche Statistik über die Lebensverhältnisse privater Haushalte in Deutschland. Sie liefert unter anderem statistische Informationen über die Ausstattung mit Gebrauchsgütern, die Einkommens-, Vermögens- und Schuldensituation sowie die Konsumausgaben privater Haushalte. Einbezogen werden dabei die Haushalte aller sozialen Gruppierungen, sodass die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe ein repräsentatives Bild der Lebenssituation nahezu der Gesamtbevölkerung in Deutschland zeichnet. Auf Basis einer Quotenstichprobe mit freiwilliger Teilnahme werden alle 5 Jahre Haushalte zu den o. g. Themen befragt. An der EVS 2013 nahmen in Deutschland rund 55.000 Haushalte (Hessen ca. 4.000 Haushalte) teil. Die hohen Fallzahlen ermöglichen auch für Hessen ein hohes Analysepotenzial. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich nicht genügend „Risikogruppen“ an der freiwilligen Erhebung beteiligen.
EU-SILC („Leben in Europa“) ist der offizielle Datensatz der EU-Armutsberichterstattung. Die Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) wurde in Deutschland unter der Bezeichnung "Leben in Europa" im Jahr 2005 erstmals durchgeführt. Im Rahmen dieser Erhebung werden jährlich etwa 14.000 private Haushalte sowie die darin lebenden Personen ab 16 Jahren auf freiwilliger Basis befragt. Erhebungsschwerpunkte sind die personen- und haushaltsbezogenen Einkommen, die Wohnsituation des Haushalts, die Gesundheit der Befragten, Fragen zur Kinderbetreuung, zur Erwerbstätigkeit sowie zur Einschätzung der eigenen finanziellen Lage. Zusätzlich gibt es jährlich wechselnde Erhebungsschwerpunkte. Die Statistik ist als Rotationspanel angelegt, so dass auf dieser Basis sowohl Quer- als auch Längsschnittinformationen gewonnen werden können. Für Hessen sind allerdings aufgrund zu geringer Fallzahlen (rund 1.000 Haushalte) keine repräsentativen Ergebnisse zu erwarten. Auch sind in Hessen erfahrungsgemäß Einkommensdaten von alleinerziehenden Personen unterrepräsentiert.
Das Sozioökonomische Panel (SOEP) ist eine von der Leibniz-Gemeinschaft am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und von TNS Infratest Sozialforschung GmbH durchgeführte jährliche Repräsentativbefragung. Das SOEP ist als echte Längsschnittbefragung (Wiederholungsbefragung bei denselben Personen/Haushalten) angelegt. Inhalte sind neben Einkommen und Erwerbstätigkeit z. T. wechselnde Themen wie Familie, Soziale Sicherung, Biografie bis hin zu subjektiven Wahrnehmungen. Die Hauptbefragung wird seit 1984 durchgeführt. In Deutschland werden jährlich rd. 20.000 Personen in mehr als 10.000 Privathaushalten befragt. Grundsätzlich kann das SOEP auch für Hessen untergliedert werden. Aufgrund der geringen Fallzahlen (geschätzt knapp 750 Haushalte mit 1.500 Personen) ist das SOEP für tiefergehende Fragestellungen nicht geeignet.
Sozialstatistiken (amtl. Statistik)
Ergänzend werden im 2. LSB (neben Informationen aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, der Bevölkerungsstatistik sowie der Arbeitsmarkt- und Bildungsstatistik) die amtlichen Sozialstatistiken genutzt:
Sozialhilfestatistik, inkl. Statistik über die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit (SGB XII-Leistungen)
Statistik zu den SGB II-Leistungen (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld)
Statistik zum Asylbewerberleistungsgesetz
[1]Die EU hat hierzu ein Standardmessverfahren vorgegeben, das in allen EU-Mitgliedsstaaten für die Armutsberichterstattung verwendet wird. Dazu werden sämtliche Einkommen eines Haushalts zusammengeführt und dann gewichtet nach der OECD-Skala aufgeteilt. Ergebnis ist das bedarfsgewichtete Pro-Kopf-Einkommen (Äquivalenzeinkommen). Danach erhält der Haushaltsvorstand ein Gewicht von 1, jedes weitere Haushaltsmitglied ab 14 Jahren ein Gewicht von 0,5 und Kinder unter 14 Jahren ein Gewicht von 0,3. Gemäß EU-Armutsmessung ist eine Person dann arm, wenn ihr Äquivalenzeinkommen geringer ist als 60% des nationalen Median-Äquivalenzeinkommens (Pro-Kopf-Gewichtung mit der modifizierten OECD-Skala)