Vertrauliche Spurensicherung

In Hessen können Betroffene von sexualisierter oder körperlicher Gewalt kostenfrei eine vertrauliche Spurensicherung in Anspruch nehmen, um Beweise zu sichern, ohne sofort die Polizei einschalten zu müssen.

Die vertrauliche Spurensicherung ist ein kostenfreies Angebot für alle Menschen, die Opfer einer sexualisierten Gewalttat oder einer körperlichen Misshandlung geworden sind, sich aber (noch) nicht sicher sind, ob sie eine Anzeige bei der Polizei erstatten möchten. Eine schnellstmögliche Spurensicherung ist aber wichtig, da Spuren ansonsten verloren gehen oder schwer nachweisbar werden. Die Spurensicherung erfolgt ohne polizeiliche Beteiligung, stattdessen übernehmen geschulte Ärztinnen und Ärzte in Kliniken oder spezialisierten Einrichtungen die Untersuchung und Dokumentation. So können wichtige Beweise gesichert werden, die später entscheidend für ein Strafverfahren sein können – auch wenn die betroffene Person sich zunächst gegen eine Anzeige entscheidet. Betroffenen von Gewalt wird so die Möglichkeit gegeben sich Zeit zu verschaffen, sich medizinisch versorgen zu lassen und eine Beratung in Anspruch zu nehmen.

Vertraulich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Betroffenen von der untersuchenden Ärztin oder dem untersuchenden Arzt zwar nach ihrem Namen und ihrer Adresse gefragt werden, damit die gesicherten Spuren der Person zugeordnet werden können. Allerdings werden diese gesicherten Spuren nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der Betroffenen an die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder andere Stellen weitergegeben. Die Ärztinnen und Ärzte in den beteiligten Kliniken und Gewaltambulanzen unterliegen der Schweigepflicht, sodass die Polizei nicht ohne Einverständnis der Betroffenen informiert wird. 

Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen tragen die Kosten der vertraulichen Spurensicherung. Für alle anderen Personen in Hessen übernimmt das Land die Kosten. Für Soldatinnen und Soldaten werden die Kosten durch das Bundesministerium der Verteidigung getragen.

Hinweis: Um den Versicherungsstatus bei gesetzlich Krankenversicherten Personen zu überprüfen, ist bei Inanspruchnahme der vertraulichen Spurensicherung die elektronische Gesundheitskarte (eGK) vorzulegen. Allerdings erfolgt die Leistungsabrechnung des Leistungserbringers mit der Krankenkasse anonymisiert. Die Krankenkasse erfährt nicht, bei welcher versicherten Person die vertrauliche Spurensicherung durchgeführt wurde.

Zu den Leistungen der vertraulichen Spurensicherung gehören insbesondere:

  • die Spurensicherung am Körper,
  • eine entsprechende Dokumentation und
  • der Transport und die Aufbewahrung von Befunden und Spuren in einem Rechtsmedizinischen Institut, um die Beweisführung in etwaigen späteren straf- oder zivilrechtlichen Verfahren zu ermöglichen.

Die schriftliche und fotografische bzw. digitale Dokumentation wird im Anschluss an die Untersuchung für 30 Jahre, mögliche weitere Beweismittel (z.B. Abstrichtupfer, Blut, Urin, Fingernägel und Bekleidung) werden für mindestens drei Jahre in dem jeweiligen rechtsmedizinischen Institut unter Verschluss aufbewahrt.

Über das Angebot „Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung“ erhalten Betroffene von sexualisierter Gewalt eine vertrauliche medizinische Versorgung und können Spuren gerichtsfest dokumentieren, sichern und aufbewahren lassen. Dafür ist keine Anzeige bei der Polizei notwendig.

Weitere Informationen zum Angebot sowie eine Übersicht, in welchen Regionen, Städten und Kliniken Sie das Angebot wahrnehmen können, finden Sie auf der WebsiteÖffnet sich in einem neuen Fenster.

Das Forensische Konsil Gießen (FoKoGi) am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikum Gießen und Marburg sowie die mit dem FoKoGi kooperierende Kliniken bieten die Möglichkeit einer vertraulichen, kostenfreien und zeitnahen Befunddokumentation von Verletzungen nach Gewalteinwirkung ohne Strafanzeige an. Weitere Informationen und Kontaktdaten erhalten Sie auf der Website des FoKoGiÖffnet sich in einem neuen Fenster.

Seit Sommer 2025 befindet sich das Forensische Konsil Frankfurt (FoKoFra) am Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt im Aufbau. Das FoKoFra bietet die Möglichkeit einer vertraulichen, kostenfreien und zeitnahen Befunddokumentation von Verletzungen nach Gewalteinwirkung ohne Strafanzeige an. Die Webseite des Forensischen Konsils Frankfurt mit allen Informationen wird in Kürze online sein. Gewaltbetroffene können sich für eine vertrauliche Spurensicherung an das Institut für Rechtsmedizin Frankfurt wenden:

Geschäftszimmer
Tel.: 069/6301-7551
zentrale@rmif.de 

In Hessen stehen zahlreiche Einrichtungen zur Verfügung, an die sich Gewaltbetroffene wenden können, falls Sie Schutz und Unterstützung benötigen.

Um Gewaltopfern einen niedrigschwelligen Zugang zur vertraulichen Spurensicherung vor Ort zu ermöglichen, ist eine breite Teilnahme stationärer und ambulanter Leistungserbringer in Hessen unabdingbar.

Der Vertrag über die Vergütung und Erbringung von Leistungen der vertraulichen Spurensicherung in Hessen nach § 27 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 132k SGB V zwischen dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales  (HMSI), dem Hessischen Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (HMFG), den gesetzlichen Krankenkassen bzw. ihren Landesverbänden und den rechtsmedizinischen Instituten der Universitätskliniken Frankfurt und Gießen und Marburg ist nach Unterzeichnung am 01.07.2025 in Kraft getreten. Bestandteil des Vertrags ist der Abschluss eines Kooperationsvertrags des Leistungserbringers (Klinik oder Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Gewaltschutzambulanzen) mit dem zuständigen Institut für Rechtsmedizin, um die Leistung der vertraulichen Spurensicherung mit den Leistungsträgern (gesetzliche und private Krankenkassen in Hessen) abrechnen zu können.

Die beiden Institute für Rechtsmedizin in Hessen nehmen hier eine Koordinationsfunktion wahr. Hierzu gehört der Abschluss von Kooperationen mit geeigneten Einrichtungen (Kliniken und Ärzteschaft) und der Ausstattung dieser mit den für eine vertrauliche Spurensicherung notwendigen Materialien (Spurensicherungs-Kits) sowie die Abwicklung der Vergütung der Leistung mit den beteiligten Einrichtungen und den Leistungsträgern.

Informationen zum Abschluss einer Kooperationsvereinbarung sind über das regional zuständige rechtsmedizinische Institut zu erhalten.

Für Leistungserbringer mit Sitz in den Landgerichtsbezirken Fulda, Gießen, Kassel, Limburg und Marburg ist das Institut für Rechtsmedizin in Gießen zuständig:

Prof. Dr. med. Sven Hartwig
Institut für Rechtsmedizin
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Tel. 0641 99-41410
E-Mail: Sven.Hartwig@uk-gm.de

Für Leistungserbringer mit Sitz in den Landgerichtsbezirken Darmstadt, Frankfurt, Hanau und Wiesbaden ist das Institut für Rechtsmedizin in Frankfurt am MainÖffnet sich in einem neuen Fenster zuständig:

Frau Anna Müller (Institutsmanagerin und Persönliche Assistentin Prof. Verhoff)
Institut für Rechtsmedizin
Universitätsklinikum Frankfurt
Tel. 069-6301-7553
E-Mail: anna.mueller@em.uni-frankfurt.de