Bürokratieabbau und Einstieg in den betrieblichen Mutterschutz – passt das zusammen?

Der zeitgemäße Mutterschutz setzt auf Vorbeugung und Teilhabe. Eine frühzeitige Kommunikation der Arbeitgeber nicht nur mit den (schwangeren) Frauen, sondern mit der gesamten Belegschaft, soll die Erreichung der mutterschutzrechtlichen Ziele optimieren. Es geht dabei sowohl um die verantwortungsvolle Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Teilhabe der Frau an der Erwerbstätigkeit als auch um den Schutz der Frau vor Diskriminierungen. Gerade in technischen Berufen des Handwerks greift immer wieder das Vorurteil, dass Frauen bei Bekanntwerden einer Schwangerschaft grundsätzlich nicht beschäftigt werden dürften. Auf dem Hessischen Handwerkstag (HHT) wurde deswegen entschieden, ein Projekt zu entwickeln, das den Handwerksbetrieben die Einsatzmöglichkeit von Frauen auch bei einer Schwangerschaft aufzeigt und dem gängigen Vorurteil: Schwangere Frauen gehen sowieso in ein Beschäftigungsverbot vorbeugt.

Das Projekt wurde nun erfolgreich abgeschlossen und vom Hessischen Handwerkstag sowie dem Beirat für Arbeitsschutz im Beisein von Frau Staatsministerin Heike Hofmann genehmigt.

Die Praxishilfe für den Einstieg in den betrieblichen Mutterschutz wurde gemeinsam von der Handwerkskammer Wiesbaden, mehreren engagierten Handwerksbetrieben, dem Hessisches Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales und Aufsichtspersonen der Regierungspräsidien konzipiert, getestet und umgesetzt.

In Form einer zweidimensionalen Checkliste auf einem DIN-A4-Blatt werden die wesentlichen Pflichten des Arbeitgebers in einfacher und leicht nachvollziehbarer Formulierung aufgeführt. Dies stellt eine auf den ersten Blick einfache und verständliche Hilfestellung bei der Umsetzung der Mutterschutz- und Arbeitsschutzvorschriften dar. Ein Ampelsystem hilf dem Nutzer die Ergebnisse in einfacher Form überblicken zu können. Eine ausschweifende Zusammenfassung der Ergebnisse entfällt hierbei.

Eine weitere Vereinfachung: Statt auf eine ausführliche Ausfüllanweisung setzt die Praxishilfe auf einzelne branchenbezogene Beispiele. Diese Beispiele sollen die Nutzung der Praxishilfe aufzeigen, so dass auch andere Branchen – auch außerhalb des Handwerks - die Funktion der Praxishilfe auf ihren Betrieb adaptieren können.

Mit der Nutzung der Praxishilfe entsteht gleichzeitig der erforderliche Überblick über alle Arbeitsplätze in einem Betrieb, die bei einer erforderlichen Umsetzung einer schwangeren oder stillenden Mitarbeiterin als Alternative zur Verfügung stehen. Dadurch können Ausfallzeiten durch Beschäftigungsverbote deutlich minimiert werden. Ganz nebenbei werden auch die formalen Vorgaben des Mutterschutzgesetzes erfüllt.

Durch diese Aspekte entstehen für Arbeitgeber folgende Kosten- und Wettbewerbsvorteile:

  • Mit der Praxishilfe lässt sich die erste Stufe der Gefährdungsbeurteilung nach dem Mutterschutzgesetz unbürokratisch und einfach umsetzen.
  • Eine fachkundig durchgeführte Beurteilung der Arbeitsplätze sorgt für mehr Rechtsicherheit im Falle einer Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde oder in der Kommunikation mit der Krankenkasse im Falle des Leistungsrechtes.
  • Die frühzeitige Gefährdungsbeurteilung stellt sicher, dass erforderliche Schutzmaßnahmen unmittelbar nach Mitteilung einer Mitarbeiterin über ihre Schwangerschaft oder Stillzeit umgesetzt werden können. Dies hilft Arbeitsunterbrechungen zu vermeiden.
  • Wirkungsvolle Schutzmaßnahmen ermöglichen die Weiterbeschäftigung der schwangeren oder stillenden Mitarbeiterin, es wird kostenintensive schwangerschaftsbedingte Fluktuation vermieden (ein wichtiges Anliegen des neuen Mutterschutzgesetzes).
  • Ein guter und wirkungsvoller Mutterschutz im Betrieb kann gerade auch dem unternehmerischen Interesse dienen, sich als familienfreundlicher Betrieb aufzustellen und Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.
  • Zudem kann gerade die erste Stufe der Gefährdungsbeurteilung eine gute Hilfe darstellen, die Arbeitswelt für Frauen in klassischen Männerberufen zu öffnen, denn mögliche Einstellungshindernisse auf Arbeitsplätzen, die bisher eher eine Männerdomäne waren, können systematischer erkannt und gezielt abgebaut werden. Das eröffnet den Betrieben die Möglichkeit neue Fachkräfte zu gewinnen.

Eine gute Gefährdungsbeurteilung hilft, Fachkräfte zu halten, Kosten durch vermeidbare Ausfälle zu minimieren und den Arbeitsschutz im Betrieb gut und eben auch rechtssicherer zu gestalten.

 

Informationen

Schwangere und stillende Beschäftigte werden durch das Mutterschutzgesetz vor Gefahren, Überforderung und Gesundheitsschädigung am Arbeitsplatz sowie vor finanziellen Einbußen und vor dem Verlust des Arbeitsplatzes geschützt.

Mehr dazu hier: Arbeitswelt HessenÖffnet sich in einem neuen Fenster

Gerade junge Menschen benötigen besonderen Schutz bei der Arbeit. Sie stehen noch in der Entwicklung und sind den Anforderungen der Arbeitswelt der Erwachsenen noch nicht gewachsen.

Mehr dazu hier: Arbeitswelt Hessen: JugendarbeitsschutzÖffnet sich in einem neuen Fenster

Bei in Heimarbeit Beschäftigten handelt es sich um Personen, die zuhause oder in einer selbstgewählten Betriebsstätte im Auftrag von Firmen oder Zwischenmeisterinnen und Zwischenmeistern arbeiten. Dieser Personenkreis wird durch spezielle Regelungen geschützt.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Heimarbeit vergeben und einen Firmensitz in Hessen haben, müssen dies dem Regierungspräsidium Darmstadt melden, das am Standort Frankfurt zentral für ganz Hessen zuständig ist.

Alle Betroffenen von und Interessenten an Heimarbeit können sich in Zweifelsfragen an das vorgenannte Regierungspräsidium, Abteilung Arbeitsschutz, Gutleutstraße 114, 60327 Frankfurt am Main, Telefon +49 (0) 69/2714-0 wenden.

Weitere Informationen und die bereits gültigen bindenden Festsetzungen finden Sie auf der Internetseite des Regierungspräsidiums DarmstadtÖffnet sich in einem neuen Fenster.

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